Nicht erst die Corona-Krise hat uns gezeigt, wie wichtig digitale Kanäle für Vertrieb und Werbung sind. Die Zuwachsraten beim Onlinehandels-Umsatz der letzten 20 Jahre waren enorm. Ebenfalls 20 Jahre alt ist die E-Commerce Richtlinie, die bis dato den Onlinehandel regelt. Und weil sich 20 Jahre im Internet eher so anfühlen wie 200 Jahre im „realen Leben“, war es längst an der Zeit etwas zu tun. Um unseren digitalen Binnenmarkt zu stärken und gleichzeitig zukunftsfitte und einheitliche (!) Regeln zu schaffen, brauchen wir den Digital Services Act, kurz DSA.
Der Grundsatz ist ganz einfach erklärt, was im Geschäft in der Fußgängerzone erlaubt ist, muss auch online erlaubt sein. Umgekehrt ist online verboten, was sonst auch verboten ist. Der DSA wird dem Internet im Binnenmarkt also einen Frühjahrsputz verpassen, weil die großen Plattformen ernsthafter und verantwortungsbewusster mit den Inhalten Dritter umgehen müssen. Ein Nebeneffekt der erfolgreichen Entwicklung des Onlinehandels ist nämlich leider auch, dass mehr illegale Inhalte und Produkte in Umlauf kommen. Das neue Gesetz wird also regeln wie man illegalen Inhalt besser aus dem Netz entfernt.
„Der Digital Services Act wird dem Internet einen Frühjahrsputz verpassen!“
Gleichzeitig müssen wir berücksichtigen, dass die EU mit der Datenschutzgrundverordnung bereits die strengste Datenschutzgesetzgebung der Welt hat. Darauf soll der DSA als sogenanntes „horizontales Gesetz“aufbauen und nicht noch mehr Details überregulieren.
Das Zauberwort lautet „Verhältnismäßigkeit“. Das Ziel ist, große Plattformen, die maßgeblichen Einfluss auf unser tägliches (Business)-Leben haben, stärker zu kontrollieren. Deshalb habe ich mich sehr dafür eingesetzt, dass in der Verhandlungsposition des EU-Parlaments Kleinst- und Kleinunternehmen in vielen Bereichen ausgenommen werden und zusätzlich mittlere Unternehmen – in risikoarmen Branchen – Ausnahmen beantragen können. Zusätzlich wird es Sorgfaltspflichten für sehr große Online-Plattformen, sogenannte „VLOPS“, geben um Hass und Hetze stärker zu bekämpfen. Somit erfüllt das Gesetz zielsicher seinen Zweck, ohne unsere KMUs mit Bürokratie zu überladen.
Verhältnissmäßig und fair finde ich auch folgendes Beispiel: Gefordert wurde ein komplettes Verbot von „targeted advertising“, d.h. gezielt ausgespielte, personalisierte Onlinewerbung. Der Kompromiss, für den sich eine Mehrheit im Europaparlament ausgesprochen hat, lautet: Verbot von targeted advertising für Minderjährige und Hinweise für die Nutzer warum eine bestimmte Werbung angezeigt wurde. Wenn personalisierte Onlinewerbung angemessen und auf rechtmäßige Weise eingesetzt wird, ist es gut für beide Seiten. Als Voraussetzung dafür müssen wir aber sicherstellen, dass es gute Kontrollmechanismen gibt.
Europa schafft somit ein einzigartiges Rahmenwerk, das fairen Wettbewerb für Unternehmen fördert und gleichzeitig die Sicherheit für Konsumentinnen und Konsumenten erhöht. In der Plenumssitzung haben wir letzte Woche unsere Position zum DSA beschlossen. Jetzt beginnen die Verhandlungen mit dem Rat der Mitgliedsstaaten. Diese sollen bis zum Sommer abgeschlossen sein, sodass wir das Gesetz hoffentlich noch in diesem Jahr beschließen können.