Wir alle kennen das große Ziel – die EU will bis 2050 CO2-neutral werden. Die meisten wissen auch, dass der Verkehrssektor hier seinen Beitrag zu leisten hat. Die große Frage ist, wie finden wir die goldene Mitte im „Dreieck der Nachhaltigkeit“? Denn um einen wirklich nachhaltigen Verkehrssektor zu entwickeln, müssen Wettbewerbsfähigkeit, soziale Verträglichkeit und Klimafreundlichkeit zusammenspielen.
Das Grundproblem beim Ziel der CO2-Neutralität ist, dass wir zwar alle übereinstimmen, was das Ziel betrifft, der Weg dorthin ist aber umstritten. Wir hören einerseits die Stimmen jener, die zur Erreichung der Klimaziele im Verkehrsbereich ausschließlich auf Elektromobilität setzen. Und dann gibt es die, die auch Biokraftstoffe und synthetische Treibstoffe und damit den Verbrennungsmotor als notwendig erachten. Glaubt man dem Flurfunk in Brüssel, wird die Europäische Kommission Vorschläge vorlegen, die beide Herangehensweisen bedienen sollen. Nachdem diese im Dezember in ihrer Verkehrsstrategie 82 Maßnahmen zur Dekarbonisierung des Verkehrssektors angekündigt hat, kommen jetzt am 14. Juli, mit dem sogenannten „Fit for 55“ Paket, konkrete Gesetzesvorschläge auf den Tisch. Ich kann nicht oft genug betonen, wie wichtig dieses Paket sein wird und welche großen Auswirkungen es auf uns alle haben wird.
"Die Abhängigkeit von Öl ist nicht gut, die Abhängigkeit von Batterien ist nicht besser."
Als Unternehmerin weiß ich, es gibt keine guten „one size fits all“ Lösungen. Wir brauchen also für unser großes Ziel des Klimaschutzes einen breiten Mix der Antriebsarten. Dazu zählen sowohl batterie-elektrische und Wasserstoff-Fahrzeuge, aber auch Biokraftstoffe oder synthetische Treibstoffe für Verbrennungsmotoren. Denn nur so haben Bürger und Unternehmen die Wahlfreiheit und es können alle Bedürfnisse gestillt werden. Es ist einfach zu früh, um sich im Technologiewettbewerb bereits jetzt festzulegen.
Wir müssen uns diese Sache auch aus der geopolitischen Brille anschauen: Die Abhängigkeit von Öl ist zwar nicht gut, aber die Abhängigkeit von Batterien ist nicht besser. Ein reiner Umstieg auf Batterie hätte eine Rohstoffabhängigkeit Europas von Afrika und Asien zur Folge, die wir nicht zulassen dürfen. Deshalb brauchen wir rein aus gesellschaftspolitischen Überlegungen Rahmenbedingungen, die allen Innovationen erlaubt zu wachsen und zur Lösung beizutragen.Dazu wird es ab Mitte Juli also heiß hergehen in Brüssel und für mich steht fest: Wir können die 2050 Ziele nur erreichen, wenn die Bevölkerung sie auch mitträgt. Deshalb stelle ich auch immer wieder die Frage, welche Auswirkungen all diese Maßnahmen auf die Geldbörserl der Bürger haben!
Die bloße Forderung nach CO2-Einsparung ist zu wenig. Gleichzeitig muss daran gearbeitet werden, dass Mobilität leistbar bleibt, unser Wohlstand erhalten bleibt und unsere exportorientierte Industrie arbeiten kann!