Das hat dann doch ein bisschen länger gedauert. Die neue Kommission hätte schon im November ihre Arbeit aufnehmen sollen, doch die Demokratie machte ihr einen Strich durch die Rechnung. Drei Kandidaten fielen beim Hearing im Europäischen Parlament durch. Letzte Woche war es dann so weit: die Ersatzkandidaten wurden auf Herz und Nieren getestet. Et voilà. Wir haben eine neue Kommission. Zwar ist die Geschlechterparität nicht in Erfüllung gegangen und das Gesuch an Großbritannien, einen Kommissar zu benennen, wurde im Noch-immer-EU-Mitglied nicht erhört. Trotzdem haben wir eine handlungsfähige Kommission mit einem ambitionierten Programm.
Als Mitglied im Ausschuss für Binnenmarkt und Konsumentenschutz habe ich die Pläne für den EU-Wirtschaftsraum besonders unter die Lupe genommen. Das Wirtschaftsressort trägt den Titel „an Economy that works for people“. Oder wie wir Tiroler sagen: Geht´s der Wirtschaft gut. Geht´s uns allen gut. Die EU arbeitet an einer Langzeitstrategie für die Industrie. In Zeiten des Klimaschutzes ein wichtiges Bekenntnis, dass es auch in Zukunft nicht ohne Industrie gehen wird. Auch Klein- und Mittelbetriebe sollen auf die Veränderungen der Zeit vorbereitet werden. Schwerpunkte sind im Bereich der künstlichen Intelligenz geplant. Bis Ende 2020 soll eine europaweite Lösung für eine faire Digitalsteuer erarbeitet werden. Interessant wird auch die Umsetzung des Emissions-Reduktions-Ziel. Bis 2030 sollen 50% weniger Emissionen erzeugt werden – wie, steht aber noch in den (Europa)Sternen.
Hauptverantwortlich für den Binnenmarkt wird der Franzose Breton sein. Er, aber auch die zukünftige Verkehrskommissarin Vălean waren zu Gast im Parlament. Beim Hearing der Rumänin habe ich besonderen Wert auf die Tiroler Verkehrssituationgelegt. Meine Fragen zum Ausbau der Schiene und den nationalen Infrastrukturprojekten, wie die BBT-Zulaufstrecken, hat sie angesichts der kurzen Vorbereitungszeit ausreichend beantwortet. Messen werden wir sie aber an ihren Taten. Das Verkehrsnetz ist das zentrale Nervensystem Europas. So wichtig es für unseren Binnenmarkt ist, so sensibel müssen wir auch mit ihm umgehen. Eine Verlagerung des Transits auf die Schiene funktioniert nur mit einer Attraktivierung des Eisenbahnnetzes. Wenn die Bahn verlässlicher und leistbarer wird, wird auch ihr Zuspruch steigen. In Maßnahmen heißt das weg mit bürokratischen Hürden, wie vorgeschriebene Lokführer mit Muttersprache oder unterschiedliche Stromspannungen in den Staaten. Da fährt der Zug drüber: Das Schienennetz muss europäisch werden!
Denn die Klimadebatte hat uns unlängst auch in Tirol erfasst. Es ist gut über den sorgsamen Umgang mit unserem Planeten zu sprechen. Umweltschutz ist aber mehr als die CO2-Debatte. Wir müssen das „bigger picture“ betrachten und in ganz Europa auf Regionalität setzen, Mobilität neu denken, mehr recyceln, den Energieverbrauch minimieren, die Energieerzeugung umweltverträglicher machen und Lebensmittel regional produzieren und auch regional konsumieren. Vieles davon funktioniert in Tirol schon viel besser als in anderen Regionen. Das ist kein Grund nachzulassen, aber definitiv ein Grund Klimaschutz mit Hausverstand auch von unseren Partnern in der EU einzufordern.
Barbara Thaler
Tiroler Abgeordnete zum Europäischen Parlament