Die Tiroler EU-Abgeordnete Barbara Thaler berichtet direkt aus ihrem Home-Office über das Hinauffahren der europäischen Wirtschaft. #Abstandhalten
Vorweggenommen: In Zeiten von Corona ist unser oberstes Ziel Leben zu retten. Über Lockerungen zu sprechen, macht nur Sinn, wenn wir die Gesundheitskrise im Griff haben und die Infektionszahlen stabil sind. Stand heute können wir sagen, dass die Maßnahmen der Bundes- und Landesregierung Wirkung zeigen und sich die Lage langsam entspannt. Jetzt gilt es die Balance zwischen öffentlicher Gesundheit und dem Hinauffahren der Wirtschaft zu finden. Deshalb finde ich es unverständlich, dass man Unternehmern, die sich Gedanken über das Leben nach Corona machen, Profitgier und Verantwortungslosigkeit vorwirft. Wir alle wollen Corona besiegen. Wir alle wollen aber auch unseren Wohlstand erhalten, Arbeitsplätze sichern und für das Überleben unserer Unternehmen kämpfen.
Jetzt gilt es, die Balance zwischen öffentlicher Gesundheit und Wirtschaft zu finden!
In den vergangenen Wochen haben mich viele Bürger kontaktiert und gefragt, was denn die EU im Kampf gegen das Coronavirus macht. Von den Maßnahmen auf europäischer Ebene habe ich bereits in der letzten TW berichtet, und das werde ich auch weiterhin auf meinen Social-Media-Kanälen tun. Die zahlreichen Nachrichten haben mich aber auf eine Gegenfrage gebracht. Was soll denn die Europäische Union gegen das Coronavirus tun?
Kaum jemand hat eine konkrete Erwartungshaltung gegenüber der EU. Aber die Menschen greifen das allgemeine antieuropäische Klima auf und kritisieren die EU für einen Bereich, für den sie gar nicht zuständig ist. Die Europäische Union hat im Gesundheitsbereich keine Kompetenzen – das muss auch einmal gesagt werden. Ich wäre gespannt, wie die Menschen reagiert hätten, wenn die Quarantäne für Tirol von Brüssel aus verhängt worden wäre.
Umgekehrt kann Tirol allein kein milliardenschweres Hilfspaket für den europäischen Binnenmarkt auf die Beine stellen. Auch in Krisenzeiten gilt für mich der Grundsatz der Subsidiarität: Probleme dort lösen, wo es am sinnvollsten ist. Und wenn wir uns die gesamte Performance der Republik Österreich und des Landes Tirol ansehen, funktioniert das einwandfrei. Das schließt aber eine bessere Vernetzung der Mitgliedsstaaten und deren Gesundheitssysteme oder eine gemeinsame Forschungsstrategie für ein Medikament oder einen Impfstoff nicht aus. Das führt mich aber zu der Frage, was die EU wirklich im Kampf gegen Corona machen kann. Für mich ist klar, dass Europa die wirtschaftlichen Langzeitfolgen stemmen und mit ihren Förderprogrammen auch Reshoring betreiben muss.
Ein erster Anfang ist eine klare Strategie für die Öffnung der Grenzen. Egal ob für grenzüberschreitende Tätigkeiten unserer Unternehmer, Pendler oder Touristen: Sobald es die Lage für die öffentliche Gesundheit erlaubt, muss die Öffnung der Binnengrenzen und der Verkehrswege schrittweise und koordiniert angegangen werden. Wenn sich die Infektionszahlen in unseren Nachbarstaaten ähnlich gut halten, wie in Österreich, spricht für mich nichts gegen eine Öffnung der Grenzen. Denn bei gleicher Infektionswahrscheinlichkeit ist es für mich unlogisch, dass eine Reise vom Boden- bis zum Neusiedlersee problemlos möglich ist. Eine 5km-Fahrt von Kufstein nach Kiefersfelden aber verboten ist. Besonders die Wiederaufnahme des Flugverkehrs wird eine große Herausforderung. Funktionierende Verkehrs- und Transportwege sind aber das Nervensystem unserer Gesellschaft. Eine Wiederbelebung des Binnenmarkts ist auch ein Schritt Richtung Normalität und Wiederaufbau der europäischen Wirtschaft.