„Meine Meinung zu dieser Gesetzesreform hat sich nicht geändert. Die Verhandlungen waren auf einem guten Weg, nur leider hätten wir einfach mehr Zeit gebraucht. So wie sie jetzt vorliegt, ist sie unausgegoren, nicht zielführend und schlicht und einfach nicht gut. Das ist nicht mein Verständnis einer modernen europäischen Verkehrspolitik“, zeigt sich Barbara Thaler, Verkehrssprecherin der ÖVP im Europaparlament, enttäuscht über das Ergebnis der inoffiziellen Abstimmung des Verkehrsausschusses zum Ergebnis der Verhandlungen zwischen Europaparlament und Mitgliedstaaten (unter Vermittlung der EU-Kommission, „Trilog“) zu den künftigen Straßenmautregeln in Europa (Wegekostenrichtlinie/Eurovignette). Der Verkehrsausschuss hat die vorläufige politische Einigung mit 28 Stimmen zu 21 Stimmen, bei 0 Enthaltungen angenommen. Ein sehr knappes Ergebnis, da nur vier Stimmen zur Ablehnung gefehlt hatten.
"Es fehlt an allen Ecken und Enden"
Barbara Thaler, stellvertretende Verkehrssprecherin der Fraktion der Europäischen Volkspartei im Europaparlament und deren Chefverhandlerin zur Eurovignette ergänzt: „Es fehlt an allen Ecken und Enden. Unsere Ziele waren Kostenwahrheit auf der Straße, Anreize für eine spürbare Verlagerung des Verkehrs auf die Schiene und Technologieneutralität in der Frage der Energieträger.“
„Dem steht jetzt die CO2-Differenzierung im Infrastrukturteil entgegen, also eine günstigere Maut für Elektro- und Wasserstoff-LKW, die für den Straßenerhalt eingehoben werden. Die Infrastrukturgebühr ist dafür nicht der richtige Platz, denn damit werden die Erhaltungskosten der Straße finanziert. Die Abnutzung der Straßen hat nichts mit dem CO2-Ausstoß zu tun, Batterie- und Wasserstoff-LKW verursachen hier dieselben Kosten wie konventionelle LKW“, sagt Thaler.
„Ich war niemals gegen ein Anreizsystem, aber so entspricht es weder dem Grundsatz der Technologieneutralität noch dem Nutzer- und Verursacherprinzip, das wir mit der Reform umsetzen wollten. Unser Vorschlag, den finanziellen Anreiz zum Umstieg auf alternative Treibstoffe bei den Umweltkosten anzusetzen, wurde leider nicht aufgenommen. So etwas zwei Tage vor der Präsentation des „Fit for 55“-Pakets der EU-Kommission für die Erreichung der der strengeren Klimaziele bis 2030 zu beschließen, macht einfach keinen Sinn“, sagt Thaler.
„Darüber hinaus sind auch weitere wesentliche Forderungen des Europaparlaments nicht erfüllt. Wir wollten eine stärkere Zweckwidmung der Umweltaufschläge für den Verkehrssektor, damit man Probleme direkt dort lösen kann, wo sie entstehen. Externe Kosten für CO2 und Lärm sind weiterhin nur freiwillig. Der Kompromiss im vorliegenden Trilogergebnis ist nicht zufriedenstellend. Außerdem ist auch ein Vetorecht von Nachbarstaaten bei der Festlegung der Mautaufschläge eines Landes ein No Go. Ich habe mich immer gegen diesen Systembruch gewehrt, es steht für mich weiterhin nicht zur Debatte“, erklärt Barbara Thaler.Nach dieser informellen Abstimmung im Ausschuss steht jetzt die 1. Lesung im Verkehrsministerrat an, danach kommt die Gesetzesreform zur offiziellen Abstimmung zurück ins Europäische Parlament. Die Tiroler Europaabgeordnete Thaler sagt dazu: „Wir werden kämpfen bis zuletzt. Diese Abstimmung war sehr knapp, es haben nur 4 Stimmen gefehlt. Das heißt, wir versuchen weiterhin, so viele Kolleginnen und Kollegen wie möglich zu überzeugen, dass es sinnvoll wäre, sich noch einmal an den Verhandlungstisch zu setzen und einen besseren Kompromiss im Sinne von Umweltzielen, Kostenwahrheit und Verlagerung des Verkehrs auf die Schiene zu erreichen.“