Dekarbonisierung. Hinter diesem etwas sperrigen Wort verbirgt sich eine der momentan größten Meinungsverschiedenheiten der EU-Politik, besonders in den Bereichen Verkehr und Transport. Wir alle wollen CO₂-Ausstoß im Straßenverkehr einsparen. Gleichzeitig muss es aber auch unser Ziel sein, unsere Mobilität leistbar und individuell zu halten.
Ich stelle dabei eine – zugegeben etwas provokante – Forderung: Europa braucht den Verbrennungsmotor!
Das bedeutet jedoch nicht, dass wir ihn nicht weiterentwickeln müssen oder den Klimawandel nicht ernst nehmen sollen. Aber für mich kommt es nicht darauf an, welchen Motor wir einbauen, sondern mit welchem Treibstoff wir ihn antreiben. Diese Frage ist gleichzeitig der Ausgangspunkt für diese Debatte:
Das EU-Parlament ist bei diesem Thema zutiefst gespalten und es ist schwierig, die im Gesetzgebungsprozess notwendigen Brücken zu bauen. Die Debatte hat sich fast zu einer „Gut gegen Böse“-Geschichte entwickelt.
Die eine Seite sieht die Lösung darin, den Verbrennungsmotor zu verbieten, während die andere Seite genau diesen Ansatz als die Ursache des Problems sieht. Wir sind uns nicht einmal bei den Berechnungsgrundlagen einig. Verschiedene Ansätze konkurrieren hier gegeneinander: Technologieneutralität gegen Regulierung und Kontrolle, top-down gegen bottom-up und Lebenszyklus-Berechnungen gegen den tailpipe-Ansatz. Also die Messung aller Emissionen während des gesamten Produktlebensweges gegen die Messung der Emissionen am Auspuff. Die zweite Seite, also „Team tailpipe“ sieht die alleinige Lösung der CO₂-Belastung im Verkehr in der Elektromobilität. Team „Lebenszyklus“, zu dem ich mich zähle, vertritt einen technologieneutralen Ansatz. Das bedeutet, dass ein großer Markt an verschiedenen alternativen Kraftstoffen, aus denen sich der Konsument den passenden CO₂-neutralen Treibstoff aussucht, besser wäre.
"Europa braucht den Verbrennungsmotor."
Hinzu kommt: Wenn wir uns dafür entscheiden, die Messung der Emissionen nur auf den Auspuff zu reduzieren, tauschen wir unsere Abhängigkeit von Öl gegen eine Abhängigkeit von Ländern, die die notwendigen Rohmaterialien zur Herstellung von batterieelektrischen Motoren besitzen. Wenn wir die Dekarbonisierung richtig umsetzen und gute Rahmenbedingungen für einen fairen europäischen Wettbewerb der alternativen Antriebsstoffe schaffen, können wir dem Klima helfen und gleichzeitig die Abhängigkeit der EU von Drittstaaten, wie beispielsweise Russland, reduzieren. Außerdem können beispielsweise durch Biokraftstoffe bestehende Autos dekarbonisiert werden, anstatt sie komplett durch Elektroautos zu ersetzen.
Versteht mich hier bitte nicht falsch. Ich glaube, dass batteriebetriebene Fahrzeuge ihren Platz im Markt finden werden. Aber Verbrennungsmotoren glänzen, wo elektrische Motoren ihre Schwachstellen haben.
Wenn wir CO₂ reduzieren wollen, haben wir mehrere Optionen auf dem Tisch und es werden weitere Optionen kommen, von denen wir heute noch nicht einmal wissen.
Ich bin überzeugt, dass unsere Probleme größtenteils von der Art und Weise unserer Berechnungen kommen. Wenn man die Auswirkungen einer Option vollständig bewerten will, muss man sich das große Ganze anschauen und nicht nur den einen Teil davon.
Darum bin ich überzeugt, dass Europa den Verbrennungsmotor braucht. Weil Technologieneutralität entscheidend ist und die einzige Möglichkeit, zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen: Das Klima zu schützen und Europa wettbewerbsfähig zu halten.